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interview im Kölner Stadtanzeiger

 

Markthändlerin hat ein Buch geschrieben.

 

Früher war sie eine begeisterte Schreiberin und Journalistin. Doch dann brach Anfang der 1990er-Jahre der Jugoslawien-Krieg aus, sie flüchtete nach Deutschland.

Rund drei Jahrzehnte später hat Slavica te Kaat (...) wieder ein Buch geschrieben und veröffentlicht: "Omnibus Blues" ist ein Erzählband mit neun Kurzgeschichten - rund um Schicksale, Unterdrückung, Selbstbehauptung, Diskriminierung und Nach-Vorne-Schauen.

 

Frau te Kaat, wie sind Sie zurück zum Schreiben gekommen?

Ich habe früher in meiner Jugend sehr viel geschrieben, gewann Wettbewerbe und war sogar für Zeitungen tätig. Doch dann kam der Jugoslawien-Krieg: Ich wurde Flüchtling, und dabei verliert man sozusagen seine Sprache. Doch vor zwei Jahren hatte ich auf einmal wieder den Drang zu schreiben; hierbei unterstützte mich meine gute Mentorin Milena Isailovic. Ich hatte mich bereits von meinem Traum verabschiedet, jemals ein Buch zu publizieren.

 

Wie ist das Werk entstanden? Wer hat Sie dabei unterstützt?

Ein guter Freund, Frank, hat das Lektorat übernommen. Er ist Ethnologe, der sich auch historisch auskennt. Für meine "Herr Schneider"-Geschichte über einen Stalingrad-Rückkehrer habe ich mich ausführlich mit dem damaligen Kriegsgeschehen beschäftigt. Die Geschichten sind übrigens nicht autobiografisch, aber ich begleite alle Figuren sehr intensiv. Meine eigene Autobiografie würde ich nie schreiben wollen. Da käme ich mir nackt und schutzlos vor.

 

Was macht für Sie die Faszination an Literatur aus?

Schon ganz früher habe ich Literatur aus aller Welt gelesen, von Fontane bis Tolstoi. Es gibt so viele interessante und unterschätzte Autoren, auch aus Ost- und Südosteuropa, die man im Westen gar nicht auf dem Schirm hat. Was übrigens interessant ist: Auf Deutsch formuliere ich viel unbefangener. Auf Jugoslawisch denke ich viel mehr über einzelne Worte und ihre Bedeutungs-Nuancen nach, und wie sie bei bestimmten Gruppen ankommen könnten.

 

Wie haben Sie es geschafft, den Verlag zu finden?

Das war eine kuriose Geschichte. Als ich meinen Text fertig hatte, beschloss ich, auf Verlagssuche zu gehen. Eines Tages stöberte ich auf Facebook-Profilen von Menschen, die ich von früher kannte - wie es ihnen geht, was sie jetzt so machen, ob sie den Krieg überhaupt überlebt haben. Auf dem Profil einer früheren Nachbarin las ich vom Literatur-Wettbewerb in Tuzla. Ich bewarb mich prompt, es waren noch zwei Wochen bis Annahmeschluss. Hierfür habe ich dann drei Kapitel übersetzt und hingeschickt. Ich wurde prompt nominiert und fuhr dorthin. Und auf dem Festival sprach mich mein heutiger Verleger, Mehmed Pergan, an, der mir sagte, dass er mein Buch veröffentlichen will. Er war ganz erstaunt, dass ich es zunächst auf Deutsch geschrieben hatte. Ich entgegnete, dass ich nie damit gerechnet hätte, jemals zurückzukommen. Am 13. Juli, einen Tag vor meinem Geburtstag, erschien dann mein Buch auf zwei Sprachen. Und an meinem Geburtstag kam ich für eine Lesung in meine Geburtsstadt, sogar das Fernsehen war da.

 

Die Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina muss bewegend für Sie gewesen sein.

Und wie: Als ich mit meinem Verleger dort stand, war das für mich mein persönlicher Dayton-Moment - wie das Abkommen 1995, das den Jugoslawien-Krieg beendete. Das hat mir ein Stück Frieden zurückgegeben. Es war überwältigend, die ganzen alten Bekannten wiederzusehen. Auf dem Rückflug musste ich sogar etwas weinen.

 

Wie sehen Sie den aktuellen Krieg in der Ukraine?

Ich bin überzeugt, dass sich das Geschehen immer wiederholt - egal ob in Deutschland 1941, Jugoslawien 1991 oder aktuell in der Ukraine. Alle Kriege haben gemeinsam, dass man nicht unbeteiligt bleiben kann. Entweder man wird Täter, Mitläufer, Opfer oder Flüchtling. Sich herauszuhalten, das funktioniert nicht.

Das Gespräch führte Bernd Schöneck. Quelle: Kölner Stadtanzeiger vom 01.09.2022


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enisa alibalić und slavi te kaat

       „Slavica te Kaat ist ein Beispiel dafür, wie man ehrlich und vorurteilsfrei und ohne sich zurückzunehmen das Leben am Limit leben kann.

       Das Buch, das diese bemerkenswerte Frau geschrieben hat, kann ich nur aus ganzem Herzen empfehlen. (...) ... während eines Literaturabends in Tuzla, an dem ihr Buch vorgestellt wurde, zeigte sie uns nicht nur im "wahren Leben", sondern auch in ihrer Literatur, dass es möglich ist, dem Leben frech, mutig und immer mit einer Prise Humor entgegenzutreten und sich von niemandem vorschreiben zu lassen, wie man es zu leben hat.“               Enisa Alibalić  - Lokalpresse Tuzla bersetzt aus dem Bosnischen)


        "Auch ich bin einer von jenen, die das Buch gelesen haben. Als ich die letzte der Erzählungen gelesen hatte, machte mich das traurig, eben, weil es die letzte war.

       Dieses literarische Debüt trifft sein Thema auf den Punkt, ist überzeugend konstruiert, stilistisch … nun, man muss es als geradezu „edel“ bezeichnen, und die einzelnen Geschichten und deren Kompilation ergeben ein fließendes und homogenes Ganzes.

       Man mag es mir nicht übel nehmen, wenn ich hier nur die drei Geschichten aus „Omnibus Blues“ erwähne, dir mir ganz persönlich am Herzen liegen, weil sie mir und meiner eigenen Biographie am nächsten sind. Hervoragend gelungen sind sie alle.

       In diesem Buch wird das Leiden der Bevölkerung im Bosnienkrieg geschickt mit der Zeit davor und danach, mit der individuellen Erfahrung als „Fremde“ im „Westen“ und sogar mit Paralellen aus den Erfahrungen eines alt gewordenen, ehemaligen Wehrmachtssoldaten verknüpft.

       Die Geschichte „Grünes Blut in Schnee“, ist in seiner Kürze und Schärfe brillant.

       Die Wortspiele in den Dialogen in „Mustafas persönlicher Cetnik“ muss man einfach lieben. Flüchtlingsschicksale mit Humor, hartem Realismus, und eine Warnung für die Zukunft.

Slavica te Kaat-Markočević vergaß auch nicht, im Unterkapitel „Ausgerechnet Ungarn“ - der zentralen Erzählung „Omnibus Blues“ - die Gier als unvermeidlichen Begleiter schlechter Zeiten zu erwähnen.

       Mich persönlich hat auch und besonders die Geschichte von Herrn Schneider, dem geläuterten Nazi und ehemaligen Soldaten, und seine Gespräche mit seiner Putzfrau berührt. Darin befindet sich die FÜR MICH eindringlichste Szene des Buches, in der Herr Schneider auf eine Frau - irgendwo in Russland, am Rande der Front - trifft, die genau wissen muss, was sie erwartet, sich aber mit Würde und Ordnung aus ihrem Leben verabschiedet, ohne, dass Herr Schneider etwas davon mitbekommt.

       Diesem Buch fehlt es bis jetzt nur an einem: an einer Leserschaft, die es liest und versteht.

       Am Ende habe ich nur eine Bitte: "Schreib weiter." Denn das Buch wird die Menschen in meiner Heimat polarisieren und zu heftigen Debatten führen - aber das ist schließlich eine der Aufgaben von Kunst."

Prof. Dzeko Hodzić, Bosnische Akademie der Wissenschaft und Kunst „Kulin Ban“, Sarajevo. (übersetzt aus dem Bosnischen)


       "Dringende Literturempfehlung! "Omnibus Blues" von Slavica te Kaat-Markočević.

Die Erzählungen mit autobiographischen Zügen haben mich tief berührt. Erschienen auf deutsch und auf bosnisch. Erzählt wird u.a. von der Flucht einer Mutter mit zwei kleinen Kindern aus der Kriegssituation im ehemaligen Jugoslawien.

       Alle Erzählungen verweisen auf den Irrsinn von Kriegen und fordern eindringlich auf zum menschlichen / solidarischen Miteinander."           Marion Vollmer - facebook

 


tv-interviews im bosnischen Fernsehen

zwei interviews mit slavi te kaat auf serbokroatisch, ausgestrahlt 2022 im bosnischen fernsehen, anlässlich der buchpremiere von "omnibus blues" in bosnien-herzegowina.

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